Gran Paradiso (4061m) via Nordwestwand

Der Gran Paradiso (4061m) ist einer der leichtesten zu besteigenden Viertausender der Alpen – natürlich nur wenn man den Normalweg nimmt. Luki und ich planten jedoch die 600m hohe Nordwestwand – eine Eiswand bis zu 55° steil. Da der Zu- und Abstieg über den Gletscher verlaufen, soll der Hochtourenkurs im Sommer nicht umsonst gewesen sein. Dieser Hochtourenkurs lehrte mir nicht nur die grundlegendsten und wichtigsten Sachen zum Thema Gletscher, sondern gab mir auch das Selbstvertrauen alleine in einer solche Umgebung unterwegs zu sein.

Wir starteten Dienstag Nachmittag vom Parkplatz in Pont aus und erreichten das Rifugio Vittorio Emanuele II. (2735 m) wie angegeben etwa 2.5 Stunden später. Da das Refugio bereits geschlossen hatte, übernachteten wir in einem der Winterlager. Am nächsten Morgen starteten wir reichlich spät um 7:30 in Richtung Gran Paradiso. Wir nahmen dabei den Aufstieg über die linke Moräne und dann über Blockgelände. Der Weg ist sehr gut mit Steinmännern makiert und somit leicht zu finden. Am Gletscher angekommen, packten wir Steigeisen und Pickel aus und folgten anfangs einer Spur. Diese führte jedoch nach einiger Zeit wieder bergab in Richtung Refugio Chabod. Also hieß es von hier an einen eigenen Weg finden, der Spalten umgeht und uns über die Randklüfte bringt.

So verging dann doch noch etwas Zeit bis wir die eigentliche Nordwestwand erreichten und leider feststellen mussten, dass wir die nächsten 600m fast ausschließlich auf Blankeis unterwegs sein würden. Zusätzlich waren die Bedingungen leider nicht gut, denn das Eis war trocken und spröde, sodass wir meistens öfters als ein- bis zweimal schlagen mussten ohne dass sich eine Eisschuppe den Weg nach unten bahnt und unsere Eisgeräte Halt fanden. Diese Umstände kosteten uns einiges an Kraft und auch Zeit – die zunehmende Höhe tat ihr übriges und so waren wir sicher viel langsamer unterwegs als erwartet. Auch der Gipfelgrat war nochmals ausschließlich blank, so dass wir auch diesen bis zu den Felsen sichern mussten.

Schlussendlich erreichten wir erst um 19:00 den Gipfel und konnten einen spektakulären und wunderschönen Sonnenuntergang bewundern. Dies bedeutete für uns aber auch, dass wir den Abstieg im Dunkeln über einen uns unbekannten Weg finden mussten. Zu Beginn funktionierte dies noch recht gut, denn der Normalweg war sehr gut sichtbar. Als wir auf einem breiten Rücken ohne erkenntliche Spur ankamen, sahen wir nach (orografisch) rechts eine Spur abzweigen und entschlossen uns dieser zu folgen – im Nachhinein stellte sich dies als Fehler heraus und wir hätte lieber die Karte zücken sollen, denn diese Spur führte abermals in Richtung Refugio Chabod.

Nach einiger Zeit verloren wir die Spur, da diese vom starken Wind, der uns den ganzen Tag begleitete, verblasen war. Wir schafften es jedoch auch ohne diese das untere Ende des Gletschers zu erreichen – auch wenn dies das Abseilen über eine Spalten im steilen Gelände bedeutete – wo wir auf unsere eigene Spur vom Vormittag trafen und zum Blockgelände zurückkehrten. Zum Glück ist der Weg über das Blockgelände sehr gut mit Steinmännern makiert – an dieser Stelle meinen Dank dafür – sodass wir zwar spät aber doch heil die Hütte erreichten.

Fazit: So ein Abenteuer hatte ich mir bei meinem ersten 4000er gar nicht erwartet. Trotzdem war es eine super Erfahrung – auch dass wir es schafften nachts über einen uns unbekannten Gletscher abzusteigen. Wir hatten dabei etwas Hilfe von oben, denn der Vollmond schien hell und leuchtete uns ein wenig die weitere Umgebung aus, was später die Orientierung etwas vereinfachte. Nichtsdestotrotz werde ich nächstes Mal auch den Abstieg besser studieren und im Zweifelsfall auch vor Ort die Karte zu Rate ziehen – aber ich muss sagen, da oben haben wir nur an das Finden der Spur gedacht.

Zum Thema Höhe: Kopfschmerzen oder ähnliches blieben uns zum Glück erspart, wir verbrachten aber jeweils eine Nacht auf 2000m und gut 2700m. Trotzdem kamen wir in der Wand vor allem gegen Ende schon ins Schnaufen.

 

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